Interviews

Kommunikation und Vielfalt ist das Bindeglied im Berufsweg von HELMUT ANDREAS HARTWIG:

Ausbildung als Bankkaufmann, Aufgaben als Journalist, Fotograf, in der Nachwuchswerbung, MdB-Assistent, Kampagnen für Parteien und Spitzenpolitiker. Beratung für TV-Sender, Unternehmen, Verbände und Kultureinrichtungen. Langjähriger Dozent und Moderator von Talkshows und Veranstaltungen.

Angeregt durch ein USA-Stipendium – Gründung einer Sponsoring-, Veranstaltungs- und PR-Agentur mit mehreren hundert Mitarbeitern. Mit Preisen ausgezeichnete Arbeiten u. a. für verschiede DAX Konzerne. Danach Chairman und Partner von Deutschlands Marktführer für Werbung und Kommunikation.
Seit vielen Jahrzehnten Initiator und Organisator unterschiedlichster Benefizveranstaltungen und Einrichtungen.

Heute ist Helmut Andreas Hartwig ehrenamtlicher Initiator, Coach und Mentor für Wirtschaft, Politik, Kultur und Soziales und engagiert sich als Mäzen. Für seine Verdienste um das Allgemeinwohl wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Interview

Welche Werte haben für Sie besondere Bedeutung und warum?
Das Thema Vertrauen ist für mich am Wichtigsten. Wer Vertrauen zu sich selbst und Vertrauen zu anderen hat, verfügt über eine wunderbare Basis vieles daraus zu entwickeln. Zwei Zitate habe ich mir zur Maxime gemacht: „Wenn man von einer Sache überzeugt ist, hat ein jeder die Kraft, sie auch in die Tat umzusetzen“ (nach Johann Wolfgang von Goethe) und: „Wenn man etwas für richtig hält, soll man es auch tun“ (nach Hermann Hesse).

Ich halte es für entscheidend, auch gegen Widerstände für seine Überzeugung einzustehen. Persönliche und gesellschaftliche Weiterentwicklung oder auch beruflicher Erfolg treten nur ein, wenn man versucht, andere mitzureißen und zu begeistern. Wie soll Großes erreicht werden, wenn sich viele mit Mittelmaß zufriedengeben?

Mit welchen Werten kann ein Unternehmen langfristig erfolgreich am Markt agieren? Bringt Wertschätzung auch Wertschöpfung?
Auch im beruflichen Umfeld spielt das Vertrauen eine sehr wichtige Rolle. Ich selbst habe kein Abitur, nicht studiert oder promoviert, doch ich habe gelernt, Vertrauen in mich selbst zu haben. Das ist ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor.

Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass Wertschätzung ein Wertschöpfungsfaktor ist. Derzeit ist oft von „Disruption“ die Rede, also der „Zerschlagung“ von Geschäftsmodellen, momentan vor allem durch den Umbruch der Digitalwirtschaft. In diesem Zusammenhang fällt mir eine Geschichte ein: Ein Freund hinterließ einen Rotweinfleck auf einem Sofakissen, drehte dieses demonstrativ um und fragte mich, wie oft er das wohl machen könne. Auch so funktioniert für mich Disruption. Einmal kann man etwas Überraschendes tun, kann Umbrüche leben, doch dann zählen eigentlich doch wieder Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Vertrauen. Es gibt den berühmten Spruch: Man sieht sich im Leben immer zwei Mal.
In unserem Wirtschaftsleben gibt es natürlich Beispiele von Führungskräften, die mit Ellenbogen Erfolge erzielen. Doch meistens ist diese Vorgehensweise nicht nachhaltig. Auf lange Sicht zahlt sich ein faires und ethisch basiertes Handeln aus.

Die Arbeit der Wertekommission halte ich daher für sehr wichtig, nicht nur in der heutigen Zeit. Den Unternehmen und ihren Mitarbeitern kommt in unserer Gesellschaft eine wichtige Funktion zu. Sie können ethisches Handeln vorleben. Vielleicht kostet das manchmal Umsatz, aber es trägt in einem Bereich Früchte, der kostbarer ist als jeder wirtschaftliche Gewinn.
Die Menschen spüren, wenn etwas falsch läuft. Und der Verbraucher oder der politisch denkende Bürger ist sensibler und interessierter an diesen Themen als viele es für möglich halten.

Die Digitalisierung schreitet voran. Brauchen wir neue Werte in unserer neuen digitalen Welt, die gerade mit einer unglaublichen Schnelligkeit unser aller Leben verändert?
Werte sind ethisch und moralisch als gut betrachtete Eigenschaften. Da sich die Sicht auf viele Dinge permanent ändert, müssen Werte darin gespiegelt werden.
Ich habe meine berufliche Laufbahn mit einer Banklehre begonnen. Damals war eine eigene Meinung kaum gefragt. Das hat sich glücklicherweise geändert. Heute zählen Teamfähigkeit und Offenheit. Daran zeigt sich, wie sich die Gewichtung von Werten verändert. Wir brauchen keine neuen Werte. Aber wir sollten die bestehenden Werte den neuen Umständen anpassen, sie vielleicht erweitern oder neu definieren.

Die Offenheit in unserer Arbeitswelt bietet große Chancen. Wir können von den Werten anderer lernen und neue Inhalte in unsere eigene Arbeit aufnehmen. Das ist großartig.

Wir erleben jetzt eine nie geahnte Form der Demokratisierung von Wissen: Durch die Digitalisierung, die Schnelligkeit und die Flut an Informationen fehlen den Menschen – und nicht nur den jungen – aber auch ein gewisser Halt und eine Grundordnung. Umso wichtiger sind Werte. Wir orientieren uns an anderen Menschen. Zuerst im Elternhaus, dann im Freundeskreis und der Schule und später im beruflichen Umfeld. Wenn hier Werte vorgelebt werden, dann hilft das allen sich in der Welt besser zurecht zu finden.

Dieses Vorleben ist heute genauso wichtig wie vor einigen Jahrzehnten, nur dass wir früher eine strengere gesellschaftliche Ordnung und einen stärkeren Zusammenhalt hatten. Das macht die Arbeit der Wertekommission so notwendig. Wir müssen uns immer wieder die Frage stellen, welche Werte wir brauchen, wie wir sie leben und vermitteln können. Die Aufforderung, sich Gedanken über sein Tun zu machen, den Mut zu haben, anders zu sein, kontrovers zu diskutieren und sich zu engagieren, ist Grundlage für die Gesellschaft an sich.

Werteerziehung gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Mit welchen Wertevorstellungen gehen junge Menschen heute ins Leben und sind diese Wertvorstellungen zukunftsfähig?
Meine Erfahrung ist, Mitarbeiter an der „langen Leine laufen zu lassen“, ihnen aber bei Fehlern auch unbedingt zur Seite zu stehen. In der von mir gegründeten Kommunikations-Agentur herrschte eine offene und kreative Kultur. Und es galt, Vorbild zu sein und Verantwortung zu übernehmen.

Das bedeutet auch, das zu tun, was besprochen und damit versprochen wurde, und davon nicht abzuweichen.

Wichtig ist es, gute Leistungen entsprechend zu honorieren. Wenn ein Projekt erfolgreich war, erhielt der Mitarbeiter in meiner Firma nicht nur einen Bonus, sondern es gab beispielsweise auch Reisen, um neue Kulturen kennenzulernen und den eigenen Horizont zu erweitern. Vor allem aber sollen Anreize geschaffen werden, um sich für Neues zu öffnen. „Macht Dinge, die ihr noch nie getan habt! Geht zum Basketball, wenn ihr Opernfreunde seid. Wenn ihr begeisterte Tänzer seid, schaut euch mal eine Schachmeisterschaft an.“

Folgende Gedanken zur Erfüllung eines Wunsches haben mich inspiriert:

1. Sei innerlich bereit, Dich weiterzuentwickeln.
2. Schließe alle Zweifel zunächst einmal aus.
3. Frage Dich, auch mit anderen zusammen, wie der beste Weg aussieht.
4. Entscheide Dich für einen Vorschlag.
5. Mache es dann auch!

Bis zum Schritt vier kommen die meisten. Aber die Umsetzung ist das Entscheidende. Selbst wenn man sich nicht ganz sicher ist, ist es immer noch besser, es zu tun, als es nicht zu tun. Wie soll man sonst wissen, ob es Erfolg hat oder nicht?

Setze deine ganze Kraft in die Lösung und Durchführung, anstatt die Entschuldigungen zu suchen, warum du eine Idee nicht umsetzt, die du für richtig hältst.

Ich habe junge Menschen immer darin bestärkt, etwas zu wagen, voranzuschreiten und Dinge zu tun. Wenn es lief, war das die beste Selbstbestätigung. Wenn doch einmal etwas nicht geklappt hat, wussten sie jemanden an ihrer Seite, der ihnen beisteht. So erlangen Menschen Selbstvertrauen und wachsen über sich hinaus. Erfahrung und Vertrauen sind die besten Lehrmeister.

Korruption, Ränkeschmiede, Vetternwirtschaft: Ein Blick auf die globalisierte Welt stärkt nicht gerade das Vertrauen in funktionierende Wertesysteme. Wie können wir in unserer alles andere als perfekten Welt Werte erfolgreich leben?
Auch hier gilt: Wir sollten zu unseren Werten stehen und das tun, was wir sagen.

Ich hatte das große Glück, sowohl beruflich als auch privat viel zu reisen. Immer wenn ich von meinen Reisen zurückkam, habe ich mir gesagt: Das waren aber große Erlebnisse und Eindrücke und dann versucht, einiges davon in den Alltag einzubauen. Und was haben wir für ein Glück, in einem solch tollen Teil der Welt zu leben. Das Leben hier bietet eine Fülle von Werten und besondere Rahmenbedingungen. Durch reines Gewinnstreben sollten wir uns nicht von diesen unseren Grundlagen abwenden.

Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Grundwerte beibehalten, auch wenn es den internationalen Druck gibt. So ist es zum Beispiel eine gute Entwicklung, dass Korruption heutzutage viel stärker gebrandmarkt wird. Früher waren nach deutschem Recht Bestechungsgelder sogar von der Steuer absetzbar.

Mit einem gewissen Stolz sollten wir auf solche Entwicklungen schauen und auch im internationalen Geschehen für korrektes und faires Handeln einstehen.

Welche Persönlichkeit des öffentlichen Lebens hat für Sie wirklich Vorbildfunktion und warum?
Es gibt zahlreiche Menschen, aber auch Institutionen und Einrichtungen, die vorbildlich handeln und von denen ich versucht habe, Ideen oder Taten in mein eigenes Leben zu übernehmen. Es wäre unfair einzelne Namen zu nennen.

Wir bekommen alle nur Bilder oder Eindrücke von anderen Menschen, entweder aus persönlichen Begegnungen oder durch Berichterstattung in den Medien. Dies sind jedoch immer nur einzelne Facetten.

Je älter ich werde, desto mehr realisiere ich, wie sehr meine Eltern und wunderbare Mentoren prägend für mein Leben waren und sind. Ich habe von ihnen gelernt, nicht nur Werte zu kennen, sondern diese auch tatsächlich zu leben und weiterzugeben.

 

Dieses Interview führte die Journalistin Christiane Harriehausen.