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Deutschlands Führungskräfte bekennen sich zu stabilem Wertegerüst

Studie der Wertekommission betont die Bedeutung von Vertrauen und (Eigen)Verantwortung für Wirtschaft und Politik – Digitalisierung fördert und fordert Mut als zentralen Führungswert

Bonn, 4. September 2017 – In wirtschaftlich wie politisch unruhigen Zeiten setzen Deutschlands Fach- und Führungskräfte auf ihr stabiles Wertegerüst in der Führungsarbeit – und postulieren vor allem Vertrauen und Verantwortung als notwendige Erfolgsparameter für erfolgreiches und nachhaltiges Handeln. Als Konsequenz der fortschreitenden Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft fordern die Führungskräfte auch Mut als Treiber von Führungsverhalten ein.

Das zeigt die diesjährige Führungskräftebefragung der Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung e.V.

Seit 2005 misst die Institution regelmäßig den “Wertepuls” von Führungskräften in Deutschland und fragt nach, an welchen Werten diese ihr Handeln ausrichten und welche Werte sie in Unternehmen einfordern. Die Studie wurde gemeinsam von der Wertekommission und der TUM School of Management der TU München durchgeführt. Teilgenommen haben 571 Führungskräfte aus Deutschland, davon rund 80 Prozent aus dem mittleren und oberen Management. Neben den sechs individuellen Kernwerten (Verantwortung, Vertrauen, Integrität, Respekt, Nachhaltigkeit und Mut), welche die Wertekommission regelmäßig erhebt, wurden erneut persönliche Präferenzen in Bezug auf zentrale Unternehmenswerte erfasst. Ein weiterer Fokus in der diesjährigen Befragung lag auf den Herausforderungen des digitalen Wandels und der Frage, wie diese von Führungskräften der deutschen Wirtschaft wahrgenommen und eingeschätzt werden.

Langfristtrends bleiben intakt: Vertrauen, Verantwortung, Integrität
Mit Blick auf die individuellen Kernwerte bleiben die Langfristtrends – aller politischen und gesellschaftlichen Aufregung des vergangenen Jahres (z.B. Brexit) zum Trotz – intakt: Vertrauen und Verantwortung wurden erneut als die wichtigsten Werte eingeschätzt. Diese Werte stehen auch beim digitalen Wandel im Vordergrund. Hinsichtlich der präferierten Unternehmensziele bestätigt sich der Trend aus den letzten Jahren: Führungskräfte legen großen Wert auf Zusammenhalt und Teamwork gepaart mit dem Streben nach Kreativität und Innovation.

Ein Schwerpunkt der diesjährigen Befragung waren die Herausforderungen der Digitalisierung. Hier ist das Stimmungsbild der Führungskräfte bemerkenswert positiv: Die Befragten sehen im digitalen Wandel sehr viel mehr Chancen als Risiken – vor allem, wenn es um den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Möglichkeiten für deutsche Unternehmen geht. Allerdings ist den Befragten sehr wohl klar, dass der digitale Wandel auch Unsicherheiten und offene Fragen mit sich bringt, gerade wenn es um die Arbeitswelt bzw. die Situation vieler Beschäftigten in Deutschland geht.

Während die Führungskräfte mit Blick auf sich selbst, den Wirtschaftsstandort sowie das eigene Unternehmen optimistisch in die Zukunft schauen, betonen sie zugleich die Notwendigkeit, dass die Gesellschaft als Ganzes sowie die Arbeitswelt noch besser auf diese Herausforderung vorbereitet werden müssen.

„Digitalisierungs-Drift“ im Wertekanon
So wie die Digitalisierung die Wirtschaft verändert, so verändert sie auch die Wertekoordinaten für Führung. Die diesjährige Befragung zeigt erstmals einen „Digitalisierungs-Drift“: Dem Wert „Mut“ (zur Veränderung, zur Auseinandersetzung mit dem Thema etc.) kommt als Führungsprinzip eine leicht höhere Bedeutung zu – ein ermutigendes Indiz dafür, dass Deutschlands Führungskräfte eine immer digitaler geprägte Wirtschaft auch als Chance begreifen.

Gleichzeitig treten bei den Führungskräften quer durch die vertretenen Branchen und Industrien unterschiedliche Einschätzungen zu den Auswirkungen des digitalen Wandels zutage. Zwar wird insgesamt eine Steigerung der individuellen Leistungsfähigkeit erwartet, Skepsis besteht insbesondere in Hinsicht auf die Work Life Balance, soziale Bindungen und persönliche Einflussnahme in Prozesse und Entwicklungen.

„Die fortschreitende Digitalisierung und deren Chancen lässt Manager in Deutschland wieder mutiger werden. Trotz allem digitalen Wandel bleiben jedoch Vertrauen und Verantwortung die wichtigsten Werte im Unternehmensalltag“, erklärt der Vorsitzende des Vorstands der Wertekommission, Sven H. Korndörffer.

Wahrgenommene Werte im Unternehmen
Frühere Befragungen haben eindeutig ergeben, dass Führungskräfte heute ihre Arbeitgeber zum wesentlichen Teil danach aussuchen, ob die dort propagierten Unternehmens- und Führungswerte auch gelebt werden. Bei deutlichem Widerspruch zwischen dem eigenen Werteverständnis und den im Unternehmensalltag erlebten Werten verabschieden sich vor allem erfolgreiche Führungskräfte mehrheitlich, indem sie den Arbeitgeber wechseln.

Entsprechend zentral ist die Frage, wie die Führungskräfte Werte im Unternehmensalltag wahrnehmen. Hier legen Führungskräfte – vergleichbar zur Befragung im Vorjahr – großen Wert auf Zusammenhalt und Teamwork gepaart mit dem Streben nach Kreativität und Innovation. Aspekte der Internen Stabilität im Unternehmen haben im Jahresvergleich an Bedeutung gewonnen – eine Folge der steigenden wirtschaftlichen Unsicherheit in Bezug auf weltpolitische Entwicklungen.

Im Unternehmensalltag nehmen die Führungskräfte die Bedeutung dieser Themen zwar jeweils wahr, allerdings in geringerem Maße – was auch deutlich als (Selbst)Kritik an die Unternehmen formuliert wird.

Insgesamt bestätigt dieses Muster damit einen wichtigen Befund aus der Forschung zur Unternehmenskultur: Während einzelne Führungskräfte Präferenzen für bestimmte Wertedimensionen aufweisen, müssen Unternehmen als Ganzes alle vier Wertebereiche angemessen balancieren, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Sowohl eine anhaltende Überbewertung als auch die Vernachlässigung einzelner oder mehrerer Wertebereiche können zu Ineffizienz führen. Eine zu starke Gewichtung von Flexibilität kann zu Chaos führen; ein zu starker Fokus auf Stabilität zu Rigidität. Ein allein interner Fokus vernachlässigt die Anforderungen externer Stakeholder bzw. des Marktes, während ein allein externer Fokus die Kooperation aus den Augen verliert.

„Die Digitalisierung geht mit persönlichen Herausforderungen für Führungskräfte einher. Umso wichtiger wird es in Zukunft sein, dass Unternehmen ihre Werte mit den Erwartungen der Führungskräfte abgleichen“, sagt Vorstandsmitglied Prof. Dr. Ludger Heidbrink.

Wir danken der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, welche die Führungskräftebefragung 2017 durch ihre großzügige Unterstützung erst ermöglicht hat.

Ansprechpartner Presse:
Sven H. Korndörffer, Tel. 0172 2913333 (Vorstandsvorsitzender Wertekommission)
Prof. Dr. Ludger Heidbrink, Tel. 0171 8362733 (Lehrstuhl für Praktische Philosophie, Universität Kiel)

Über die Führungskräftebefragungen der Wertekommission
Die seit 2006 regelmäßig von der Wertekommission durchgeführten Führungskräftebefragungen dienen dem Ziel, das Denken und Handeln der Entscheider in der Wirtschaft zum Thema Werte transparent zu machen. Mit ihrer Mischung aus sich wiederholenden Fragen zum Werteverständnis und wechselnden Fragen zu jeweils aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen im Kontext der Wertedebatte sind die Führungskräftebefragungen der Wertekommission in Deutschland eine in dieser Form einmalige Quelle, wenn es um die Entwicklung des Werteverständnisses in der deutschen Wirtschaft geht. Die detaillierten Ergebnisse der aktuellen Führungskräftebefragung sind wie diejenigen der früheren Befragungen auf der Website der Wertekommission einsehbar.

Über die Wertekommission
Seit der Aufnahme ihrer Arbeit im Jahr 2005 ist der Begriff „Wertekommission“ zu einem Markenzeichen geworden. Der Untertitel „Initiative Werte Bewusste Führung“ macht das Anliegen des Vereins noch klarer: Die Wertekommission, die auf dem ehrenamtlichen Engagement von Führungskräften aus verschiedenen deutschen Unternehmen und Institutionen basiert, tritt dafür ein, dass sich Werte als Grundlage modernen Managements und erfolgreicher Führung durchsetzen. Die von der Wertekommission definierten sechs Kernwerte sind Vertrauen, Verantwortung, Integrität, Respekt, Mut und Nachhaltigkeit. Sie wurden auf mittlerweile 50 so genannten Werteforen intensiv diskutiert und geschärft, neu gefasst und wieder überarbeitet.

Die sechs Kernwerte bilden die Grundlage der Arbeit der Wertekommission, die neben den Werteforen Führungskräftebefragungen initiiert und Bücher zum Thema Werteorientierung publiziert.

Über die Professur für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement der TUM
Die diesjährige Befragung wurde durch die Professur für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement der TUM School of Management der Technischen Universität München wissenschaftlich begleitet. Neben der Erforschung und Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen liegt ein inhaltlicher Schwerpunkt der Professur auf der Erforschung und Professionalisierung von Mitarbeiterführung in den unterschiedlichsten Kontexten. In enger Vernetzung mit Partnern aus der Wirtschaft widmen sich die Forscher und Forscherinnen der Professur dabei besonders auch den ethischen Fragen und Implikationen, welche in Zusammenhang mit der erfolgreichen Führung von Beschäftigten und Teams auftreten.

Über das Executive Education Center der TUM School of Management
Das TUM School of Management Executive Education Center (EEC) orientiert sich als Aushängeschild der gesamten TUM School of Management an den thematischen Lehr- und Forschungsschwerpunkten der Fakultät. Im EEC bündelt sich die betriebswirtschaftliche und persönliche Weiter-, bzw. Fortbildung für Führungskräfte an der TUM. Auf Vermittlung der neuesten Forschungsergebnisse und hohen Praxisbezug wird besonderer Wert gelegt. Das Executive Education Center bietet drei Executive MBA-Programme für Führungskräfte sowie eine große Auswahl an Zertifikatsprogrammen und Executive Trainings zu Themen von Führung zu Innovation, Private Equity zu Employer Branding, von Business Architektur bis hin zu Finanzen. Besonderen Wert schaffen die Customized Programs, die speziell auf die Bedürfnisse einer Organisation und ihrer Mitarbeiter zugeschnitten werden.

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